Im FamilienRaum sind wir täglich in Kontakt mit Säuglingen, Kleinkindern und Kindern im Vorschul- und ersten Schulalter. Wir beobachten und erleben, wie die Kinder umfassende Entwicklungsmöglichkeiten mit auf die Welt bringen, die es ihnen von Anfang an ermöglichen, ihr Leben und Überleben aktiv selbst zu gestalten. Dabei entdecken wir, dass wir unser Bild vom Kind als einem hilflosen, unfertigen Wesen, das von uns Erwachsenen erst auf den Weg gebracht (das heißt erzogen) werden muss, grundlegend infrage stellen müssen.

Wenn wir das Zusammensein von Müttern mit ihren Säuglingen beobachten, erkennen wir deutlich, welche aktive Rolle das Kind innerhalb der Beziehung von Anfang an hat. Über dieses feine Zusammenspiel haben wir dank der modernen Säuglingsforschung inzwischen viele Erkenntnisse gewonnen. Deshalb müssen wir Erwachsenen auch einen veränderten Umgang mit Säuglingen und Kleinkindern einüben. In einer gleichwürdigen (Jasper Juul) Beziehung erleben wir das Kind nicht mehr als hilfloses und abhängiges Objekt, sondern als aktiven Partner, der im Rahmen seiner Ausdrucksmöglichkeiten Fragen stellt und angemessene Antworten erwartet. 

Spätestens im Alter von etwa zwei Jahren bringt das Kleinkind dann sein Bedürfnis nach Gesehen- und Gehörtwerden mit Nachdruck zum Ausdruck. Je nachdem, wie viel Respekt und Einfühlsamkeit wir dem Kind bis dahin entgegengebracht haben, erleben wir diese sogenannte Ich-Findungsphase als Kampf oder als Bereicherung unserer Beziehung zum Kind. Der in diesem Alter zu beobachtende „Größenwahn mit Allmachtsphantasien“ zeigt uns, dass die Kinder beginnen, sich aus der engen, symbiotischen Beziehung zu ihren primären Bezugspersonen zu lösen, und verstärkt eigene Wege zu gehen. Wie wir als Erwachsene mit diesem Streben umgehen, entscheidet nicht zuletzt auch darüber, wie sich die Beziehung zum Kind im jugendlichen Alter entwickeln wird.

Während sich im Kleinkindalter die Entwicklung der Kinder unter günstigen Bedingungen noch fast wie von selbst vollzieht, erleben viele Kinder im Übergang zum Kindergarten und zur Schule, dass nun der Ernst des Lebens beginnt. Nicht mehr die eigene Neugier und Entdeckungslust sind gefragt, sondern es treten Menschen ins Leben, die festlegen wann, wo und wie etwas erforscht und gelernt wird. Damit Kinder auch weiterhin effektiv und kreativ lernen können, brauchen sie aber eine angst- und konkurrenzfreie Lernumgebung mit frei zugänglichen, interessanten Lernmaterialien und einem Lernbegleiter, der sie bei ihrem selbständigen Forschen einfühlsam unterstützt. 

Wenn das Kind den Erwachsenen vor allem als Wegbegleiter seiner selbst gesteuerten Entwicklung erlebt, wird es seine unterstützenden Angebote und schützenden Grenzen nicht als Bevormundung und Manipulation, sondern als spannende Erweiterung seiner persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten erfahren. Nur wenn es uns Erwachsenen gelingt, Schmerzen in uns selbst wahrzunehmen, die uns in unserer Kindheit durch mangelnden Respekt zugefügt wurden, können wir vielleicht auch unsere neue Rolle als Begleiter der Kinder finden.

Beim FamilienRaum Darmstadt können Kinder im Montessori-Raum und im Abenteuer-SpielRaum selbstbestimmt forschen und experimentieren.

Entwicklungsgerechte schulische Lernbedingungen finden Kinder zum Beispiel in vielen Montessori-Kinderhäusern und -Schulen.

 

Für die Fotos dieser Seite (c) U. Hahn, I. Friedrich und A. E. Arnold / PIXELIO.